Landtagsrede Dr. Walter Laki – Donnerstag, den 23. Jänner 2014 – 02

Sitzungsbericht 02

9. Sitzung der Tagung 2013/14 der XVIII. Gesetzgebungsperiode

des Landtages von Niederösterreich

Donnerstag, den 23. Jänner 2014

 

Abg. Dr. Laki (FRANK): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete!

So lange die Kontrolle von den Regierenden bestellt wird, wird sie nicht wirklich funktionieren. Das ist eine Binsenweisheit.

Aber ich möchte zu dem wichtigen Thema jetzt, also der Gemeindeberichte, die der Bundes­rechnungshof zu Mistelbach und Stockerau macht, natürlich grundsätzlich Stellung nehmen. Fakt ist, wir haben große finanzielle Probleme! Über 200 Gemeinden in Niederösterreich bringen einen eige­nen Haushalt nicht mehr zusammen. Hier sind die ordentlichen Ausgaben höher als die Einnahmen. Und das ist ständig steigend.

Wir haben dieses Problem, um es zu relativie­ren, österreichweit. Nur, nicht überall. Aber schauen wir einmal Niederösterreich an. Und ich würde hier bitten, vielleicht, nachdem wir heute schon ein bisschen gematcht haben, den Bürger­meister Dworak ein bisschen aufmerksam den Ausführungen zu folgen. Weil der Gemeindever­treterverband mitten drin ist, das ist durchaus ein brisantes Thema.

Ich habe mir angeschaut natürlich, betreffend Problemgemeinden gibt, die offensichtlich hier gerettet werden müssen – noch in Weihnachtsaktio­nen, dass die ÖVP hier die SPÖ-Gemeinde Schwechat rettet, die eigentlich zu den finanz­stärksten Österreichs gehört. Normalerweise müsste sie in etwa ein Budget haben von 35 Millio­nen. Es sind 65 Dank OMV und Flughafen. Und man kommt damit nicht aus. Da muss man schon näher hinschauen.

Nun, wie haben sich denn die Schulden entwi­ckelt in den Gemeinden Niederösterreich? (Abg. Dr. Krismer-Huber: Kommunalsteuer haben sie 35 Millionen!)
Kommunalsteuer haben sie 35 Millionen. Aber wenn man jetzt als Faktor die Ertragsanteile hoch­rechnet, dann hat eine normale Gemeinde in Nie­derösterreich einen Faktor 2,66 mal die Ertragsan­teile, da kommen ungefähr auch 35 Millionen her­aus. Das heißt, eine normale niederösterreichische Gemeinde hätte bei durchschnittlicher Finanzkraft, Gemeinde Schwechat, 35 Millionen. Sind zufällig in gleicher Höhe in etwa wie die 35 Millionen Kommu­nalsteuer.

Aber: Die niederösterreichischen Gemeinden hatten 1995 Finanzschulden laut dem Finanzschul­denbericht von 2,2 Milliarden. Das ist gestiegen bis 2011 auf 3,7 Milliarden. Dann gibt es parallel dazu von Hauk/Grossman im April 2012 eine Untersu­chung der Ausgliederungen, wieviel Schulden dort bei den Ausgliederungen geparkt sind. Die haben sich inzwischen auf …, die schätzen das auf 3,1 Milliarden, sodass ich bei den Gemeinden habe 6,9 Milliarden letztlich zu bedienen.

Nun, das ist eine Verdreifachung in diesem Zeitraum. Wenn man sich aber jetzt anschaut öster­reichweit die einzelnen Bundesländer, dann ist das nicht überall so. Ich habe bei meiner letzten Rede bereits in der letzten Sitzung erwähnt, dass bei­spielsweise im Burgenland die Zunahme nicht das Dreifache war bei den Gemeinden, sondern nur um 12 Prozent. Wenn man die Inflation berücksichtigt, sind die Gemeindeschulden, obwohl wesentlich finanzschwächer als in Niederösterreich gefallen. Die haben einen Cashflow, eine freie Finanzspitze, die wesentlich höher ist als bei den niederöster­reichischen Gemeinden.

Nun, Herr Abgeordneter Dworak. Wenn Sie sich das anschauen als Gemeindevertreterverband, die Kurve ist die Entwicklung der Schulden der Niederösterreicher (zeigt Plan). Und die Kurve ist die Entwicklung der Burgenländer. Ich frage Sie, ich schätze Sie als Person sehr, aber ich frage Sie, was hat der Gemeindevertreterverband getan, da­mit das nicht so ist?

(Präsident Ing. Penz übernimmt den Vorsitz.)

Die Gründe liegen ja auf der Hand, ja? Die sind eindeutig nachweisbar, ja? Das sind Versäumnisse auch des Gemeindevertreterverbandes. Wenn man sich das genauer anschaut, sind 30 Prozent der gesamten Gemeindeschulden in Niederösterreich. Das Schuldenwachstum, wie gesagt, das Dreifa­che. Die Pro-Kopf-Verschuldung in Niederöster­reich bei den Gemeinden ist 4.300 Euro. 233 Ge­meinden sind Abgangsgemeinden. Und wir haben in etwa 300 Ausgliederungen.

Die Gründe für diese Geschichte war nicht nur schlechtes Wirtschaften der Bürgermeister, das stimmt überhaupt nicht. Sondern erstens einmal 0,5 Prozent hat der Bund die Ertragsanteile gekürzt und weniger zugewiesen. Das heißt, Bund hat den Gemeinden, obwohl Autonomie im Verfassungs­rang festgeschrieben, ausgehungert.

Dann haben wir massiv steigende Transfers von der Gemeinde zum Land. Dann haben wir bei den ausgegliederten Schuldengesellschaften selbstverständlich Kontroll- und Demokratiedefizite. Das ist eine Misswirtschaft, was dort läuft. Und parallel dazu, da geb ich dem Klubobmann Wald­häusl zu 100 Prozent Recht, die Gemeindeaufsicht in Niederösterreich funktioniert überhaupt nicht. Die funktioniert überhaupt nicht, im Gegensatz zum Burgenland! (Beifall bei FPÖ.)

Es ist so, dass man, wenn man das gleiche Schuldenwachstum wie die burgenländischen Ge­meinden auf Niederösterreich umlegte in diesem Zeitraum, hätte man in Niederösterreich 4,4 Milliar­den weniger Gemeindeschulden. 4,4 Milliarden in diesem Zeitraum. So dynamisch entwickeln sich die Gemeindeschulden. Das haben sich die Gemein­den nicht verdient, weil sie schlecht gemanagt sind. Und zwar vom Gemeindevertreterverband, vom Gemeindebund und allen, die die Gemeinde­interessen vertreten. Und natürlich von der Ge­meindeaufsicht. So ist das.

Um nur einige Beispiele zu nennen: Für die Krankenanstalten zahlt ein Niederösterreicher in den Gemeinden 193 Euro pro Kopf. Im Burgenland 21 Euro. Ja, das ist doch bitte zu hinterfragen vom Gemeindevertreterverband, oder nicht? Und vom Gemeindeverbund. Und auf den Tisch zu hauen: Lieber Landesrat, so geht das nicht!

Dann, Sozialhilfeumlage. Die ist in Niederöster­reich etwa gleich groß. Und dazu kommt noch, im Burgenland wird noch 55 Euro Landesumlage kassiert, was in Niederösterreich nicht ist. Aber in Summe zahlen die niederösterreichischen Gemein­den jetzt normalisiert zu den Burgenländern um 194 Millionen pro Jahr zu viel. Um 194 Millionen! Wenn man das in Beziehung setzt zu den Investitionen, ist das ein enormer Betrag.

Wir haben durch diese Entwicklung einen ho­hen Beitrag an der Verschuldung am Gesamtstaat. Die Selbstfinanzierungskraft, der Cashflow, ist weitestgehend weg. Wir haben in Niederösterreich einen sehr geringen Cashflow. Wir haben bei­spielsweise die Zinsen um 0,34 Prozent steigen, sind im Schnitt, im Durchschnitt alle niederösterrei­chischen Gemeinden Abgangsgemeinden. Das kann ich mir doch als Gemeindevertreterverband nicht bieten lassen! Das ist ja ein Affront gegen meine Bürgermeister.

Dann habe ich einen dramatischen Rückgang der Investitionen in die Infrastruktur, einen Verlust an Arbeitsplätzen und einen Verlust der Lebens­qualität. Weil ich natürlich die Infrastruktur nicht entsprechend sanieren kann.

Bezüglich der Reformvorschläge glaube ich, dass es in Niederösterreich notwendig wäre, einen eigenen Landesrat für die Gemeinden zu haben. Diese Personalunion mit Finanzen und Spitälern, das ist der Tod der Gemeinden. Davon bin ich überzeugt. Das gehört geändert. Die Kranken­hausumlage und die Sozialumlage gehört neu ver­handelt, ja? Das ist der nächste Punkt. Und die Gemeindeaufsicht müsste wirklich ihre Manage­mentfunktion wahrnehmen.

Darüber hinaus ist es notwendig, dass man eine wirkliche Transparenz in die Dinge hinein­bringt. Ich möchte in diesem Sinne einen Resoluti­onsantrag einbringen, der da lautet (liest:)

 

 

„Resolutionsantrag

des Abgeordneten Dr. Walter Laki gemäß § 60 LGO 2001 zum Verhandlungsgegenstand Bericht des Rechnungshofes über Gemeindequerschnitt – Stadtgemeinde Mistelbach und Stadtgemeinde Stockerau (Reihe Niederösterreich 2013/4), Ltg. 232/B-2/2-2013 betreffend Verbesserung der finan­ziellen Situation der NÖ Gemeinden durch weniger Transfers an das Land, Wiedereingliederung der unwirtschaftlichen Schuldengesellschaften und eine effiziente Gemeindeaufsicht.

Die kritischen Berichte des Rechnungshofes bezüglich der Stadtgemeinden Mistelbach und Stockerau sind keine Einzelfälle. Rund ein Drittel der gesamten Gemeindeschulden Österreichs ent­fallen auf Niederösterreich. Die Zahl der Abgangs­gemeinden, das sind jene, die ihren Haushalt nicht mehr mit eigenen Mitteln bewerkstelligen können, ist dramatisch angestiegen, nämlich auf insgesamt rund 233. Der Ausfall der Selbstfinanzierungskraft der Gemeinden führt zu einem deutlichen Rück­gang der Investitionen. Die Erhaltung der Infra­struktureinrichtungen wie Sportplätze, Schulen, Kindergärten wird immer schwieriger.

Diese Entwicklung kostet nicht nur Arbeits­plätze sondern auch Lebensqualität.

Für diese Entwicklung hauptverantwortlich sind

1. die finanzielle Ausblutung der Gemeinden durch übermäßige Transferleistungen von den Ge­meinden zum Land und

2. die unwirtschaftlichen kommunalen Ausglie­derungen. Die Argumente für die Ausgliederung – Vorsteuerabzugsberechtigung und Verminderung der Maastrichtschulden – sind nämlich ab 2014 weitestgehend weggefallen.

Die pro Argumente gelten daher nicht mehr.

Der Gefertigte stellt daher folgenden Antrag:

Der Hohe Landtag wolle beschließen:

Die NÖ Landesregierung wird im Sinne der Antragsbegründung beauftragt, dafür zu sorgen, dass

1. die Gemeindeagenden von einem eigenen Regierungsmitglied wahrgenommen werden, das nicht gleichzeitig für die Landesfinanzen zuständig ist oder Entscheidungsträger bei den Krankenhaus­finanzierungen ist

2. eine Neuverhandlung der Gemeindetrans­fers zum Land mit dem Ziel einer Entlastung der Gemeinden erfolgt und

3. unwirtschaftliche Schuldengesellschaften“ –

Ich meine natürlich, Herr Kollege Waldhäusl, das müssen wir genau prüfen, welche da in Frage kommen. –

„der Gemeinden ohne weiteren Verzug wieder in die Gemeindehaushalte eingegliedert werden.“

Im Übrigen hat das auch der Gemeindebund­präsident Mödlhammer gefordert. Dankeschön! (Beifall bei FRANK.)

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